Freitag, 24. Juni 2011

Schlechtes Gewissen.

Jedes mal, wenn er vor mir steht, kommt wieder dieses schlechte Gewissen in mir hoch und lässt mich nicht mehr los. Am liebsten würde ich jedes mal wegrennen, mich vor ihm verstecken.
Niemals wollte ich, dass das passiert. Niemals dachte ich auch nur daran, das so etwas passieren könnte.
Doch es geht nicht weg, verfolgt mich immer, wenn ich ihn ansehe, immer wenn ich mit ihm spreche oder wenn ich ihn berühre. Am liebsten würde ich einfach Abstand von ihm halten und warten bis alles vorbei ist, bis er alles überwunden und es endlich kapiert hat.
Doch er macht es nur noch schlimmer, in dem er mir dauernd Sms schreibt, mich oft anruft, mir liebevolle Sätze sagt, mich dauern berührt oder mir einfach nur in die Augen sieht.
Wie oft habe ich ihm schon gesagt, dass er aufhören soll, mich einfach in Ruhe lassen soll? Bestimmt hundertmal.
Und dann kommt er mit seinen doofen Behauptungen, dass er der Beste für mich sei, dass er nur das Beste für mich will.
Aber ich habe es satt. Ich will ihm nicht mehr zuhören und ich will mir nichts von ihm sagen lassen. Ich weiss, dass er mich wirklich "mehr als nur mag", aber das spielt keine Rolle.  Ich mag ihn sehr, aber das Verb "mögen" ist etwas anderes, als "lieben".
Und es tut mir Leid, da ich ihn nie verletzen, ihm nie Schmerzen zufügen und ich ihn nie so leiden sehen wollte.
Aber ich werde mich zu nichts zwingen und auch nichts etwas machen, was ich für falsch halte, und ich genau weiss, dass ich es bereuen werde.



Deshalb umarme ich ihn ein letztes mal, sehe ihm tief in die Augen, lasse ihn los und sage: " Wenn du losgelassen hast, werde ich wieder kommen." Dann drehe ich mich um und laufe davon.

Sonntag, 12. Juni 2011

Mein Leben, von dem er nichts weiss.

"Es ist still. Sie hat die Stille noch nie gemocht, doch jetzt scheint die Stille unerträglich zu sein. Sie schaut auf das Foto, das sie mit beiden Händen fest umklammert. Für die Person auf dem Bild hat sie vor langer Zeit Liebe empfunden. Heute weiss sie nicht mehr, wie es ist Liebe zu empfangen, wie es ist, Liebe zu zeigen.
Was heisst schon "Liebe"? Es ist nur ein Wort. Ein Wort ohne Bedeutung. Ein Wort, wie alle anderen es auch sind. Unnützlich, sinnlos, falsch, verlogen.
Sie hat gedacht, dass eine Liebe zu ihr für immer halten würde. Für immer. Für immer und ewig.
Und auch das waren nur Worte.
Wie sie Worte verabscheute, wie sie Worte hasste. War das einzige Gefühl, das sie noch besitzt, Hass?`Ist es wirklich das einzige Gefühl, das sie noch fühlen kann und will?
Und dann wird endlich die Stille unterbrochen."



Ich lege den Stift zu Seite und wende das Blatt auf die Rückseite. So, dass er nicht sehen kann, was ich geschrieben habe.
"Süße, was machst du da?", fragt mich mein Mann.
Ich halte seinen missbilligten Blick stand und antworte: "Ich schreibe."
Er guckt mich noch einmal kurz an, dann dreht er sich um und meint beim Weggehen: "Wie oft muss ich dir noch sagen, dass du damit aufhören sollst? Anstatt irgendwelche Scheiße aufzuschreiben, die niemand lesen will, solltest du etwas Vernünftiges machen."
Er weiss nicht, dass es mein Leben ist, das ich aufs Blatt bringe. Mein Leben, meine Gefühle und Geheimnisse, meine Wünsche und Träume.
Nun habe ich es endgültig satt. Er behandelt mich so, als wäre ich ein Mistsück und für nichts zu gebrauchen. Ich will nicht dauernd angemotzt werden, sondern auch mal hören, dass ich etwas gut gemacht habe. Ich bin dazu da, dass er seine schlechte Laune an mir auslassen kann. Für ihn bin ich selbstverständlich, doch ich kann nicht mehr. Ich will meine Wünsche und meine Träume verwirklichen. endlich das machen, was ich für richtig halte und nicht das, was er für richtig hält.
Und dann, als er weg ist, stehe ich auf und packe meine Sachen zusammen. Am Schluss lege ich alle beschriebenen Seiten, in denen ich und er so oft vorkommen auf seinen Arbeitstisch. Ich sage ihm nicht, dass ich ihn hasse, denn er soll es lesen. Er soll lesen, was er mir alles angetan hat, was er mir alles vorgeschrieben hat und wie viel er mir genommen hat. Er soll es lesen, wenn ich weg bin, fort. Für immer. Für immer und ewig.



Er merkt nicht, dass ich die Tür öffne und gehe. Es ist die Freiheit, die ich entdecke, die ich liebe. Kein Hass, nur Liebe.