Montag, 25. April 2011

Ich liebe dich!


Ich sehe aus dem Fenster und warte darauf, dass er endlich kommt.
Alles ist weiss, überall ist Schnee. Das Gras, der Tisch, die Stühle. die Büsche und die grosse Tanne im Garten sind mit einer dicken Schneeschicht bedeckt. Im Vogelhaus sitzt ein einziger Spatz, der wartet bis ein anderer Spatz ihm Gesellschaft leisten kommt. Bald würde er sicher nicht mehr einsam sein.
Alle warten auf das Ende der Kälte, des Winters. Auf den Moment, in dem die Sonne wieder scheint, es wieder warm ist. Auf den Moment, in dem der Schnee und das Eis schmilzt, die Blumen sprießen und die Vögel bis spät am Abend Lieder zwitschern.
Nun reist mich der Ton der Türklingel aus den Gedanken.
Voller Vorfreude laufe ich zu der Haustür und ziehe sie mit einem Ruck auf. Er tritt ein, ich schließe die Tür hinter ihm und möchte ihn küssen, doch er dreht ruckartig seinen Kopf zur Seite.
Verwundert schaue ich ihn an und frage mich was bloß mit ihm los ist. Seine Miene ist wie versteinert. Keine Spur von einem Lächeln, kein glänzen in seinen Augen. Nichts.
Er drückt mir einen Strauss aus Rosen in die Hand und ich bedanke mich freundlich bei ihm. Langsam gehe ich in die Küche um eine Vase zu holen. Hinter mir höre ich seine Schritte, also folgt er mir.
Etwas zitternd nehme ich eine Blumenvase aus dem Schrank, fülle Wasser hinein und stelle schließlich die rosa Rosen hinein.

"Die Rosen sind wunderschön", sage ich, als ich mich zu ihm umdrehe.
Als hätte er den Satz nicht gehört, wechselt er schlagartig das Thema und sagt: "Es ist aus."
Bei den Worten ist sein Blick nicht mehr wie erst gerade noch, sondern traurig.
"Ja, du hast richtig gehört. Ich verlasse dich",meint er ohne den Blick abzuwenden.
Dann herrscht Stille, komplettes Schweigen.
Wenige Sekunden später unterbricht ein Klirren die Ruhe. Die Vase liegt zerbrochen, in tausend Scherben am Boden. Daneben die Rosen, die ich vor kurzem noch schön fand. Jetzt sind sie trostlos, hässlich.
Noch immer erwidere ich nichts.
"Es..es...tut mir..so...so...schrecklich Leid", stottert er.
Endlich finde ich meine Sprache wieder und frage flüstern: "Wer ist sie?"
Als er mir keine Antwort gibt, schreie ich: " Wer ist sie, verdammt noch mal?"
"Du kennst sie nicht", lautet seine Antwort.
"Sag mir einfach wer sie ist", kreische ich zornig.
"Ihr Name ist Mila", antwortet er ruhig.
Die Wut steigt und steigt.
"Wie kannst du mir das antun? Ich habe dir immer geglaubt. Ich habe dir immer vertraut. Ich habe so vieles für dich aufgegeben. Meine Träume und meine Wünsche. Meine Familie, meine Freunde. Für dich. Es war alles für dich. Für uns. Damit wir glücklich werden, damit wir glücklich sein können. Ich habe alles gegeben, alles was ich hatte", brülle ich ihn wütend an.
"Es ist einfach passiert, ich konnte nichts dagegen tun. Es tut mir Leid, wirklich", erwidert er darauf. Seine Entschuldigung kann er sich sparen. Das einzige was ich will, ist, ihn zurück, ihn wieder haben.
"Du hast mir versprochen, dass du mich für immer lieben wirst und dass du mich nie verlassen wirst", erinnere ich ihn an sein Versprechen, dass er gerade gebrochen hat.
"Ok, verstanden. Der Grund ist also, dass du nicht allein sein willst", meint er.
"Nein, das ist nicht der Grund", sage ich laut.
"Ach ja? Was ist den der Grund?", will er wissen.
Ich merke, wie die Wut verblasst und Trauer sich in mir breit macht.
"Der Grund ist, dass ich dich liebe", flüstere ich, doch es ist zu spät, denn er hat sich schon umgedreht und rennt davon.
Und dann läuft mir eine einsame Träne die Wange runter. Wie ich und der Spatz draußen im kalten Winter, ist sie allein. Wir sind alle allein.

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